Keller

Literaturhaus Berlin

Ein Berliner Zuhause für die Literaturen der Welt

Seit 2018 leiten die Kunsthistorikerin und Amerikanistin Sonja Longolius und die Literaturwissenschaftlerin Janika Gelinek gemeinsam das Literaturhaus Berlin. Wir haben Janika Gelinek zum Konzept und zur Programmplanung befragt:

Ihr Haus hat eine überaus vielfältige Nutzungsgeschichte; seit 35 Jahren widmet man sich hier der Literaturvermittlung - wer ist Ihre Zielgruppe heute?
Alle Menschen, die sich für Literatur interessieren, sind bei uns herzlich willkommen. Das Programm des Literaturhaus Berlin richtet sich an ein lokales, nationales und internationales Publikum aller Altersstufen und Einkommensklassen. Klingt erstmal ein bisschen sperrig, ist aber genauso gemeint: ob Tourist*innen oder Schüler*innen, ob aus Charlottenburg oder Köpenick, alle sollen gerne zu uns kommen und, im besten Fall, zu neuen Lektüren und auf neue Gedanken! Die spannendsten Veranstaltungen sind schließlich oft die, in denen ein ganz unterschiedliches Publikum nebeneinander sitzt. Und seit wir auch digitale Veranstaltungen machen und dabei auch simultan übersetzen, freuen wir uns besonders, wenn wir sehen, wie sich Publikum aus Italien oder Kroatien zuschaltet.

Können Sie uns etwas zu Ihren Programmschwerpunkten erzählen? Welche aktuellen Themen greifen Sie auf?
Ein Schwerpunkt ist die Präsentation von Gegenwartsliteratur, das heißt aktuelle gesellschaftliche Debatten finden durch die Literatur quasi täglich Eingang ins Haus. Zudem soll das Haus natürlich insbesondere Berliner Autor*innen und Themen offenstehen; dadurch, dass in Berlin Schriftsteller*innen aus aller Welt zuhause sind, ergibt sich so fast von selbst ein internationales Programm. Wichtig ist uns auch, den neuen Literaturen Berlins, also z.B. aus Syrien, eine Stimme zu geben. Dabei haben wir die Geschichte des Hauses im Blick, das in seiner spannenden Prä-Literaturhaus-Vergangenheit nicht nur Reservelazarett und Volksküche war, sondern auch arabischen und russischen Studentenclubs eine Heimstatt bot, die u.a. Vladimir Nabokov hierher zu einer Lesung eingeladen hatten.

Und auf welche Veranstaltungen können sich Besucher*innen im Winter freuen?
Im November kommt u.a. die dänische Königin zu Besuch! Zu diesem Anlass findet eine Veranstaltung mit queeren dänischen Autor*innen der Gegenwart statt. Außerdem findet drei Wochen lang eine Ausstellung zum 100. Geburtstag der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer statt, deren Versteck direkt gegenüber dem Literaturhaus in der Fasanenstraße lag; dazu wird es mehrere Veranstaltungen geben, darunter ein Gespräch mit Uwe Wittstock über sein Buch „1933“ und eine Kinderveranstaltung am 9. November.

Wie sieht es mit Online-Angeboten wie Livestreams aus - in den vergangenen Monaten sind Sie neue digitale Wege gegangen. Sehen Sie diese als Notersatz in Zeiten der Pandemie oder planen Sie, diese auch zukünftig beizubehalten?
Tatsächlich fängt das digitale Programm an, ein organischer Teil des Gesamtprogramms zu werden. Wie viele andere Kolleg*innen, haben wir viel in die Technik investiert, und natürlich soll das Publikum von unseren während der Pandemie erworbenen Kenntnissen profitieren. Wir streamen viele Veranstaltungen, außerdem gibt es einen neuen Podcast, den Daria Mrkaja für uns entwickelt hat, sowie die Fortführung des Digitalen Leseclubs: im Herbst werden sich Sasha Marianna Salzmann und Tomer Gardi den Fragen ihrer Leser*innen stellen. Wir haben festgestellt, dass hier das Digitale einen Vorteil gegenüber dem Saal hat: alle sitzen gemütlich in ihren Wohnzimmern mit dem Buch auf den Knien und einem Glas Wein neben sich, das ist auch am Bildschirm nicht die schlechteste Atmosphäre, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Am 16.11. launchen wir den Literaturkanal: eine kostenlose Streaming-Plattform für Literaturveranstaltungen. Auf www.literaturkanal.tv finden Literaturbegeisterte ein qualitativ hochwertiges Programm mit Sendungen von uns und zahlreichen Kooperationspartnern.

Seit 2018 gibt es ja das „Junge Literaturhaus“. Was steht bei diesem Angebot für Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt?
Am wichtigsten: Kinder und Jugendliche sollen gerne ins Literaturhaus kommen! Ob sie sich dann vor allem an die regenbogenfarbig verspiegelten Fenster oder den großen weißen Elefanten erinnern, der bei uns im Foyer hängt, oder ein neues Lieblingsbuch entdeckt haben, bleibt ihnen überlassen – wir finden es jedenfalls schön, wenn der Lärm von Schulklassen durchs Gründerzeitgemäuer hallt!


Vielen Dank für das Gespräch!



Li-Be
Im Jahr 1986 wurde das Literaturhaus Berlin als erstes Haus seiner Art im deutschsprachigen Raum eröffnet. Man findet es in einer denkmalgeschützten Villa von 1889 mit idyllischem Garten in der Fasanenstraße, einer ruhigen Nebenstraße des Kurfürstendamms. Das Li-Be versteht sich als offener Ort für die Vermittlung und Förderung der Literaturen der Welt. In Lesungen, Diskussionen und Ausstellungen werden hier die vielfältigen Ausdrucksformen der Literatur in zeitgemäßen Formaten präsentiert.

Literaturhaus Berlin
Fasanenstraße 23
10719 Berlin
www.literaturhaus-berlin.de