
Ein phantastisches Abenteuer
Interview mit
Andreas Eschbach
Gliss.Seit rund 140 Jahren siedeln Menschen auf dem Planeten Hope. Der 17-jährige Ajit und seine Freunde Phil und Majala leben mit ihren Familien auf der Insel Hope, umgeben vom Gliss, einem rätselhaften Material, auf dem es keine Reibung gibt und nichts haftet. Eines Tages wird ein unbekannter Toter aus der tödlichen Weite des Gliss angetrieben - sein Auftauchen gibt den Anstoß zu einer Reise, nach der für Ajit und seine Freunde nichts mehr so sein wird wie vorher: ein phantastisches Abenteuer beginnt.
Lieber Herr Eschbach, was war der Ausgangspunkt für diese Geschichte?
Die Idee von einem Material ohne Reibung? Oder eine der Figuren?
Ich hatte dieses innere Bild von einem Planeten, der fast vollständig von einem Material bedeckt ist, auf dem es keine Reibung gibt. Das war der Ausgangspunkt. Nach und nach sind die Schauplätze dazugekommen, und schließlich die Figuren.
Das ging über viele Zwischenschritte. Ich musste ja auch überlegen, wo dieser Planet sein sollte. Als ich beschlossen hatte, mir einen tatsächlich existierenden, nicht allzu weit entfernten Exoplaneten sozusagen zu „borgen“, über den wir ein bisschen mehr wissen als nur, dass er existiert, hatte ich auf einmal eine Welt, die ihre kleine, rote Sonne alle 9,9 Erdentage umkreist und auf der es praktisch keinen Tag- und Nachtzyklus gibt. Mir das Leben auf dieser Welt dann möglichst konkret vorzustellen hat zu vielen weiteren Ideen geführt.
Wie lange haben Sie an „Gliss“ gearbeitet?
Ich brauche für einen Roman meist ungefähr ein Jahr. Nicht mitgerechnet ist dabei allerdings die Zeit, die es braucht, bis eine Idee sich so weit entwickelt hat, dass ich anfangen kann zu schreiben; bis dahin vergehen oft viele Jahre, und das läuft natürlich „nebenher“.
Und hat sich die Geschichte auch selbstständig gemacht, sind manche Figuren und Elemente erst im Laufe des Schreibens aufgetaucht oder folgen Sie beim Schreiben einem genauen Plan?
Ja, meine Figuren machen sich beim Schreiben oft selbstständig. Ich starte zwar immer mit einem Plan, aber den muss ich meistens bald wieder ändern, und am Ende kommt etwas ganz anderes heraus als zuerst gedacht – und zwar in der Regel etwas Besseres. Das Schreiben an sich hat eine gewisse Magie, der man vertrauen kann.
Ajit ist ein sehr phantasievoller, aber zurückhaltender Junge; das genau Gegenteil seines sehr von sich selbst überzeugten Cousins Nagendra. Später beweist Ajit großen Mut.
Wieso haben Sie einen solchen Charakter als Hauptfigur gewählt?
Ich glaube, mit Ajit will man sich lieber identifizieren als mit jemandem wie seinem Cousin. Mir jedenfalls
geht es so.
Und steht Ihnen eine Figur aus Ihrem Buch näher als die anderen?
Ja, das ist natürlich auch Ajit.
In Gliss siedeln die Menschen auf einem fernen Planeten, unter fremden Bedingungen. Zeitberechnung und Sprache sind z.B. auf das neue Umfeld angepasst: Ein „Quart“ entspricht nicht ganz sieben Erdenjahren und „Dürre” ist ein Ausruf der Verärgerung. Die individuellen Probleme und Herausforderungen sind aber dieselben wie in der alten Welt auf der Erde: zwischenmensch-liche Konflikte, erste Liebe, Wahrheit, Prüfungen, Anderssein, Zukunftsängste…
weil das die Themen sind, die junge Menschen immer bewegen (werden)?
Nicht nur junge. Solange es Menschen gibt, egal wo im Universum, werden dieselben Dinge wichtig sein: Wer wen liebt oder nicht, ob eine Freundschaft auch unter Belastungen hält, wie viel Mut man angesichts von Herausforderungen aufzubringen imstande ist und vieles mehr.
Die Einzelheiten der Umgebung, der Technik und so weiter sind verglichen damit nur Verzierungen.
Naturwissenschaften spielen eine große Rolle, z.B. das Raketenprinzip. Ganz nebenbei erfahren Leserinnen und Leser, wie wichtig rudimentäre Kenntnisse der Physik im Alltag sein können. Ihre Romane kreisen ja oft um Technologien, alltägliche, gegenwärtige und zukünftige.
Was reizt Sie daran?
Zunächst mal ist es hilfreich, ein paar einfache Prinzipien der Mechanik zu verstehen, damit man die Geschichte versteht, also musste ich diese Dinge erklären. Zudem fand ich seit jeher, dass die Naturwissenschaften in der Schule viel zu stiefmütterlich behandelt werden, wenn man bedenkt, wie wichtig sie für das Verständnis unserer Welt sind.
Wobei der Dreh hier ist, dass es nach allem, was wir wissen, ein Material wie das Gliss eigentlich gar nicht geben kann.
Aber das Tolle an Science-Fiction ist eben, dass man trotzdem fragen kann: Was wäre, wenn es so etwas doch gäbe, aus welchem Grund auch immer?
Und das kann man dann durchspielen und sehen, wohin es einen führt.
Eine wichtiger Punkt ist auch das Thema Demokratie und die Frage, in was für einer Gesellschaft Menschen leben wollen.
Ist Ihnen das Thema ein Anliegen?
Mein wichtigstes Anliegen, wenn ich eine Geschichte schreibe ist,
diese so spannend zu erzählen, dass man sie nicht mehr weglegt, ehe sie zu Ende ist.
Aber natürlich habe ich meine Vorlieben hinsichtlich der Frage, in was für einer Gesellschaft ich leben will, und so hat sich diese Thematik beim
Schreiben ganz von selbst ergeben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Gliss. Tödliche Weite
Andreas Eschbach
Arena Verlag
Hardcover, 456 Seiten
ISBN 978-3-401-60581-4
Euro 22,-
ab 14 Jahren